- Wo bleibt das Positive?
- Wo bleibt das Positive?In Erich Kästners drittem Gedichtband »Ein Mann gibt Auskunft« (1930) findet sich ein Gedicht mit dem Titel »Und wo bleibt das Positive, Herr Kästner?«. Die erste Strophe lautet: »Und immer wieder schickt ihr mir Briefe,/in denen ihr, dick unterstrichen, schreibt:/»Herr Kästner, wo bleibt das Positive?«/Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.« Der kultur- und gesellschaftskritische Dichter erläutert im Folgenden seinen Lesern, dass er es für unangemessen hält, angesichts des traurigen Zustandes der Welt heiter-fröhliche Lyrik zu verfassen: »Die Spezies Mensch ging aus dem Leime/und mit ihr Haus und Staat und Welt./Ihr wünscht, dass ich's hübsch zusammenreime,/und denkt, dass es dann zusammenhält?« (5. Strophe). Die letzte Strophe schließt mit der drastischen Ablehnung dieses Ansinnens: »Ihr möchtet gern euren Spaß dran haben. ..?/Ein Friedhof ist kein Lunapark.« - Der verkürzte Titel des Gedichts wird teils vordergründig zitiert, wenn jemand ausschließlich Negatives berichtet oder vorgetragen hat, teils wird er auch noch im Sinne Kästners als bissige Ablehnung von Harmonisierungswünschen verwendet. Ebenso zitiert man die Schlusszeile des Gedichts gelegentlich, um auszudrücken, dass man Fröhlichkeit und Optimismus in einer gegebenen Situation für unpassend hält.
Universal-Lexikon. 2012.